Eine kurze Geschichte meiner Welt in sehr kleinen Teilen.

Der Roman


Gott ist kein Zigarettenautomat Matthias Gerhards
Knaus Verlag 2013
ISBN: 978-3-8135-0550-4

Die Presse:
“eine beachtliche, stilsichere und höchst unterhaltsame Schelmen-, Underdog- und Coming-of-Age-Geschichte”
FAZ 10.12.13

"Bücher die der Verlag als witzig anpreist, sind es meistens nicht. Dieses schon."
Playboy Okt. 13

"ein herzergreifend poetisches Buch, ohne schnulzig zu sein... ein witziges Buch, ohne flach oder geschmacklos zu sein."
www.stagecat.de

"Ein beeindruckender, ergreifender, dichter Coming-of-Age Roman, der die 80er Jahre aufleben lässt..." Evangelisches Literaturportal Jan 2014

Man muss sich zwingen.

Jetzt weiß ich wieder, weshalb ich ein notorischer Autofahrer geworden bin. In der Eisenbahn ist es, als würde man zurück geworfen in die eigene Kindheit. Man ist wieder Teil einer Schicksalsgemeinschaft und muss sich den Sitz mit den Anderen teilen. Es gibt ein immerwährendes Gezänk über die einfachsten Dinge. Gesetzte Herren streiten sich über die Koffer im Gang. Damen mokieren die Füße auf den Polstern. Eine Gruppe Senioren debattiert darüber, wer am Fenster sitzen darf und wer auf dem Gang bleiben muss. Man kann leider die Ohren nicht verschließen, vor der Dummheit der Mitreisenden und fühlt sich dabei seltsam mickrig.

Den eigenen Körper einer ehemals staatlichen Transportgesellschaft anzuvertrauen, hinterlässt eben das schale Gefühl der Unselbstständigkeit. Aber so sehr man als Kind auch die eigene Familie hasste, so wenig konnte man doch von ihr los. So ist es auch mit der Eisenbahn. Man ist den Launen dieses riesigen, ewig kränklichen Organismus ausgeliefert. Auch wenn man die Contenance des erwachsenen Daseins beschwört, läuft man doch den Anschlusszügen hinterher. Man flucht über die Verspätungen, spricht mit sich selbst und friert.

Jede auf diese Weise vergeudete Minute, wiegt dann siebenmal schwerer als die Stunden, die man im Stau verbracht hat. Morgen schon, so schwört man sich, werde ich das alles hinter mir lassen. Ich werde mein Auto besteigen und dorthin fahren wo es mir beliebt. Niemand wird mich aufhalten. Denn in meinem Fahrzeug, bin ich nicht nur der Lockführer, ich mache auch den Fahrplan und habe eine unverfallbare Platzreservierung. Morgen.

Aber weil ich nun schon viele Jahre mit mir selbst zubringe, habe ich das alles natürlich geahnt. Ich habe vorgesorgt. Meine Fahrkarten sind für drei Monate im Voraus bezahlt und ich habe allen Kollegen ausführlich dargelegt, welche Vorteile der öffentliche Personenverkehr bietet. Ich kann also nicht zurück. Manchmal muss man sich eben zu seinem Glück zwingen.
Matthias Gerhards 6. Jan, 22:03 | 8 Kommentare - Kommentar verfassen
7an - 6. Jan, 23:18

überlege ja auch halbherzig mein auto abzumelden. warum habe ich überhaupt eins. und dann auch noch die wohnung. momentan würd ich lieber in ner kleinen wg wohnen und kein auto haben - und dafür auch nicht arbeiten müssen.
antworten

Matthias Gerhards - 7. Jan, 00:05

Das mit dem nicht arbeiten müssen, gestaltet sich immer schwierig. Aber ohne Auto fehlt die Illusion der Mobilität. Meistens fährt man zwar doch nicht spontan nach Rom oder Stockholm. Aber es plötzlich nicht mehr zu können, ist doch was ganz anderes. Oder?
toxea - 7. Jan, 10:21

Als ich Ihren ersten Eintrag

über die allmorgendliche Bahnfahrt las, habe ich an all die kleinen Querelen, Konflikte und Unannehmlichkeiten des Bahnfahrens denken müssen... bin ich doch selbst jahrelang zwischen zwei Städten gependelt (hatte allerdings keine Altenative, da ich nicht mal einen Führerschein hatte). Ja, die vollen Zügen, Verspätungen und andere Unannehmlichkeiten nerven, aber in gewisser Weise empfand ich sie als Alltagstraining, das mir größere Gelassenheit und Flexibilität gebracht hat. Die Idee, sich ein ticket für drei Monate zu kaufen, finde ich klasse! Wer weiß, vielleicht ist das alles nach einer Weile ganz okay.
Matthias Gerhards - 7. Jan, 18:01

Na, ja ich habe immer noch die Möglichkeit, mich einige Tage ins Auto zu setzen. Spätestens nach zwei Tagen bin ich so genervt, dass ich mich wieder in die Bahn setzte. Das ist quasi so eine Art negatives Motivationsspiel. Die Polen sagen, glaube ich: Überall ist es besser, wo wir nicht sind.
syl (Gast) - 8. Jan, 09:19

the grass is always greener on the other side of the fence

also wirklich, was soll man machen. es gibt einfach zu viele leute. die strassen sind verstopft, die züge sind voll, die strassenbahnen alt und zugig, die busse überheizt, es gibt keine fahhradwege und wenn dann sind sie alt und zugewachsen. und zu fuß? na bitte, einen samstagmittag in einer großstadt heilt einen von dieser illusion für alle ewigkeit.

...und die hörsäle sind auch zu voll. seufz. ich muss los. rein ins getümmel. finnland hat die doppelte fläche und nur ein zehntel unserer bevölkerung. kein wunder, dass die so gelassen sind. doppelseufzer.
TTh (Gast) - 23. Jan, 12:16

@Toxea: was du als training für mehr gelassenheit betrachtest führt bei mir dazu, als die letzten reste gelassenheit verschwinden. statt dessen bekomme ich magenschmerzen. vom gedränge, vom gestank, vom ft-ft-ft-ft aus irgendwelchen ohrstöpseln, vom geschiebe, gedrängel, gequassel, geklingel, gekicher, gegröle -- es reicht! (@MG: wie kannst du dich da auf ein buch konzentrieren?)

auto ist keine alternative, da es ökologisch so ziemlich das schlimmste war, was dieser welt passieren konnte. da ist mir der vorschlag von 7AN schon näher. am besten zu fuß gehen, alles andere macht krank. fahrradfahren höchstens noch. aber das ist auch miteiner menge adrenalin verbunden, siehe autos.
antworten

Matthias Gerhards - 23. Jan, 22:24

Das funktioniert nicht immer, aber man kann die anderen einfach ausschalten. In eigenen Kopf hat man schließlich selbst das Sagen. Wenigstens meistens.

Ich fahre schließlich mit der Bahn, weil das die einzige Gelegeheit ist, kontinuierlich zu schreiben. Was die Ökologie angeht, bin ich inzwischen zum echten Egoisten geworden. Aber zu Fuß gehen wäre mir auch lieber. Aber es ist manchmal einfach zu langsam. (Das neue Layout macht sich übrigens ausgesprochen gut.)
TTh (Gast) - 23. Jan, 12:19

@syl: recht hast du. die welt ist zu voll. ich kann auch angesichts der von dir angeführten katastrophalen verkehrs- und beförderungsbedingungen nicht begreifen, wie man über den rückgang von geburtenzahlen lamentieren kann.

ach, finnland ... ja, das wär was.
antworten

famose letzte worte

Frau mit gans
also kleine kaff ist etwas hart mülheim an der ruhr...
Sascha (Gast) - 16. Apr, 13:59
Auf jeden Fall ist es...
Auf jeden Fall ist es eine Leistung sich da hinzustellen...
Matthias Gerhards - 31. Jan, 14:26
Dass die junge Dame nicht...
Dass die junge Dame nicht das perfekte Lösungsangebot...
iGing - 25. Jan, 18:59

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