Fragment…
Dies ist eine Geschichte, die ich niemals schreiben werde. Sie wird immer ein Anfang bleiben. Der Beginn von etwas, das niemals vollständig zum Leben erwacht und deshalb auch niemals sterben wird. Der Tod wird keinen Platz finden in ihr, nicht einmal das Alter oder die Schmerzen der Jugend. Sie bleibt ein Kind, was immer auch geschehen mag. Der Titel lautet: Das Junge aus dem siebten Baum. Sie beginnt auf die folgende Art: Es war Sommer. Der Junge stand am Meer und betrachtete die Wellen. Er bewunderte ihre weiße Kraft und hoffte auf ein Schiffsunglück oder wenigstens auf eine tote Katze. Seine Füße des Jungen waren so braun wie Hundekot und sogar sein Bauch sah aus wie Schokoladenglasur. Der Junge warf Steine ins Wasser, in der Hoffnung einen Fisch zu treffen. Das konnte er stundenlang tun, wenn er allein war. Er war oft allein, in diesen Ferien.
Jenseits des Strandes verlief eine Allee. Sie hatte immer so viele Bäume wie der Junge zählen konnte. Am ersten Tag waren des zwölf, dann vierundzwanzig, später hunderteinundzwanzig, dann nur noch dreiundsechzig. Immer wenn er genug hatte, ging der Junge über die Allee zurück in das Ferienhaus seiner Großmutter. Er begann zu zählen und versuchte jedes Mal eine Zahl zu finden, die schon einmal vorgekommen war. Dann würde er wissen, dass es die richtige war. Es gelang niemals. Aber an diesem Tag kam er bereits am siebten Baum ins stocken. Als er ihn berührte, um seiner Rinde zu zeigen, dass sie aufgenommen worden war, in die Familie der registrierten Dinge, hörte er einen Schrei. Ein Junge sprang vor seine Füße. Vielleicht war er auch gefallen. Der fremde Junge war ebenso braun und zerfurcht wie er selbst. An seinen Füßen sah man keine Spuren von Sandalen. Er lief scheinbar immer barfuss. Der Junge aus dem siebten Baum.
Jenseits des Strandes verlief eine Allee. Sie hatte immer so viele Bäume wie der Junge zählen konnte. Am ersten Tag waren des zwölf, dann vierundzwanzig, später hunderteinundzwanzig, dann nur noch dreiundsechzig. Immer wenn er genug hatte, ging der Junge über die Allee zurück in das Ferienhaus seiner Großmutter. Er begann zu zählen und versuchte jedes Mal eine Zahl zu finden, die schon einmal vorgekommen war. Dann würde er wissen, dass es die richtige war. Es gelang niemals. Aber an diesem Tag kam er bereits am siebten Baum ins stocken. Als er ihn berührte, um seiner Rinde zu zeigen, dass sie aufgenommen worden war, in die Familie der registrierten Dinge, hörte er einen Schrei. Ein Junge sprang vor seine Füße. Vielleicht war er auch gefallen. Der fremde Junge war ebenso braun und zerfurcht wie er selbst. An seinen Füßen sah man keine Spuren von Sandalen. Er lief scheinbar immer barfuss. Der Junge aus dem siebten Baum.

Ich habe es leider nicht gefunden. Das eine Ding, dem es gelingt bis zu mir vorzudringen. Ich habe es nicht gefunden. Dieses eine Werk, das etwas in mir bewegt, so dass ich den Rest des Tages mit seiner Betrachtung verbringen könnte. Das ist auch zugegebenermaßen nicht einfach. Denn ich bewege mich mit einer ziemlich dicken Haut durchs Leben. Sie besteht aus geschäftsmäßiger Abgefuckheit, einer Spur Zynismus und der Erkenntnis, dass in der Kunst wie im Leben die Verpackung oft mehr verspricht, als der Inhalt zu halten vermag. Vieles fand ich banal. Anderes habe ich nicht verstanden. Die Provokationen waren irgendwie berechenbar. Vor einem bedeutungsschweren, pornografisch politischen Bild standen zwei elfjährige Mädchen und meinten nur: „Ist irgendwie eklig oder?“ „Stimmt, lass uns ein Eis essen gehen.“ Ich fand, sie hatten Recht. Aber vielleicht ist es das Alter und ich werde in meinem vierzigsten Lebensjahr konservativ. Nur einige Bilder mit indischen Gedichten habe es geschafft mein Interesse zu wecken. Die Gedichte (es gab Übersetzungen an der Wand) waren schön und die Schrift (ich glaube es war Devanagari) hatte etwas sehr Ausdrucksstarkes, gerade weil ich nicht in der Lage war sie zu lesen. Sie bestanden nur aus Bedeutungslücken, die der Leser mit seiner eigenen Poesie füllen konnte. So wie in einem Text eigentlich nicht die Sätze entscheidend sind, sondern das, was dazwischen passiert.

