Ich habe es leider nicht gefunden. Das eine Ding, dem es gelingt bis zu mir vorzudringen. Ich habe es nicht gefunden. Dieses eine Werk, das etwas in mir bewegt, so dass ich den Rest des Tages mit seiner Betrachtung verbringen könnte. Das ist auch zugegebenermaßen nicht einfach. Denn ich bewege mich mit einer ziemlich dicken Haut durchs Leben. Sie besteht aus geschäftsmäßiger Abgefuckheit, einer Spur Zynismus und der Erkenntnis, dass in der Kunst wie im Leben die Verpackung oft mehr verspricht, als der Inhalt zu halten vermag. Vieles fand ich banal. Anderes habe ich nicht verstanden. Die Provokationen waren irgendwie berechenbar. Vor einem bedeutungsschweren, pornografisch politischen Bild standen zwei elfjährige Mädchen und meinten nur: „Ist irgendwie eklig oder?“ „Stimmt, lass uns ein Eis essen gehen.“ Ich fand, sie hatten Recht. Aber vielleicht ist es das Alter und ich werde in meinem vierzigsten Lebensjahr konservativ. Nur einige Bilder mit indischen Gedichten habe es geschafft mein Interesse zu wecken. Die Gedichte (es gab Übersetzungen an der Wand) waren schön und die Schrift (ich glaube es war Devanagari) hatte etwas sehr Ausdrucksstarkes, gerade weil ich nicht in der Lage war sie zu lesen. Sie bestanden nur aus Bedeutungslücken, die der Leser mit seiner eigenen Poesie füllen konnte. So wie in einem Text eigentlich nicht die Sätze entscheidend sind, sondern das, was dazwischen passiert.