Eine kurze Geschichte meiner Welt in sehr kleinen Teilen.

Der Roman


Gott ist kein Zigarettenautomat Matthias Gerhards
Knaus Verlag 2013
ISBN: 978-3-8135-0550-4

Die Presse:
“eine beachtliche, stilsichere und höchst unterhaltsame Schelmen-, Underdog- und Coming-of-Age-Geschichte”
FAZ 10.12.13

"Bücher die der Verlag als witzig anpreist, sind es meistens nicht. Dieses schon."
Playboy Okt. 13

"ein herzergreifend poetisches Buch, ohne schnulzig zu sein... ein witziges Buch, ohne flach oder geschmacklos zu sein."
www.stagecat.de

"Ein beeindruckender, ergreifender, dichter Coming-of-Age Roman, der die 80er Jahre aufleben lässt..." Evangelisches Literaturportal Jan 2014

neuere Beiträge

Frühjahrshimmel, Schreiben und Chilli (28.04.06)

Als der Abend anbrach, ging ich durch die Pappelwälder, die sich diesseits der Flusswiesen erstreckten und betrachtete den Himmel. Er war fliederfarben und mit Wolkenflaum gesprenkelt, als entstamme er einem Aquarell. In diesen Augenblicken dachte ich, wie schön es wäre, diese Frühjahrswelt zu beschreiben mit ihren gelben Blumenfeldern, dem Brachland, der trägen, schlammigen Flut und ihrem Schweigen. Ich wollte diesen menschenlosen Augenblick einfangen und ihn in Worte gießen, die sich mit ihrer kitschigen Schlichtheit begnügen und nichts anderes sein wollen als sie selbst.
Aber es gelingt mir nicht, so schön und so einfach zu schreiben. Beständig mischt sich ein Zweifel in die Szenerie, die Erinnerung an die Liebe, eine Darmverstimmung, eine tote Amsel oder der einsame Schwanz eines Schweins, der den Fluss hinunter treibt.
Wenn ich mich dann hinsetze und meine Worte einsammle, um sie nieder zu schreiben, sind alle schlichten und pittoresken Dinge verschwunden und ich kämpfe um jeden Satz, um jedes Wort und um die eine, richtige Form des Gedankens. Wenn ich schreibe, ist es stets so, als würde ich in eine kleine rote Chilischote beißen. Es brennt und braucht Mut, aber der Schmerz hat etwas Schönes, etwas Herausforderndes von dem ich nicht lassen kann und alles was ich sonst essen oder tun könnte, schmeckt plötzlich fade.
Matthias Gerhards 28. Apr, 21:53 | 1 Kommentar - Kommentar verfassen

Proustisiert (24.04.06)

Mehr als zehn Jahre lang habe ich nicht geschrieben. Die Stimmen in meinem Inneren hatte ich zum Schweigen überredet und meine Worte ausgeblasen wie nächtliche Kerzen. Beinahe hätte ich das Kunststück zustande gebracht mich selbst zu vergessen und ein glücklicher Mensch zu werden. Aber an einem Nachmittag im Spätsommer hat eine einzige Zeile eines Gedichtes von Eva Strittmatter, das ich zufällig in der antiquarischen Buchhandlung in der Barnabás-Strasse las, die gesamte Erinnerung zurück gebracht. In diesem einen Moment, als ich in den ungarischen Zeilen ein Gedicht erkannte, war es, als kehrten alle Worte in mein Leben zurück und nahmen ihren alten Platz ein, wie verschollene Geschwister, mit deren Tod ich schon fest gerechnet hatte.
Matthias Gerhards 25. Apr, 00:06 | 3 Kommentare - Kommentar verfassen

Warum bin ich ich? (12.04.05)

Als Kind fand ich es immer sehr seltsam ich zu sein. In vielen Nächten, in denen ich nicht schlafen konnten, weil die Dunkelheit zu undurchdringlich oder die Regenfüße auf unserem Dach zu laut waren, fragte ich mich, warum ich gerade in diesem Körper geboren worden war und nicht in einem Anderen? Beständig beschlich mich das Gefühl, dass ich morgen in einem anderen, in einem schöneren oder in einem viel unglücklicheren Leben erwachen könnte. Alles was ich bislang als meine Erinnerung betrachtet hatte, die Hände meiner Mutter, der Kuss der Nachbarin und den Nachmittag, den wir einander in die Augen blickend auf dem Bett verbrachten, wäre dann nur ein Traum aus einem fremden Leben gewesen. Vielleicht würde ich als Kind eines Bauern am Rande der großen Wüste Gobi aufwachen oder als Grubenkind in den Goldminen von Arequipa hoch oben in den unerbittlichen Bergen der Anden.

Doch es war nicht so. Ich erwachte jeden Morgen im gleichen Bett, in der gleichen dörflichen Einfalt und blieb das vergessene Kind eines Schafzüchters. Aber wer war dieses ich, das jeden Morgen erwachte? Dies war die einzige Frage, die mich wirklich interessierte, die ich in der Literatur zu suchen begann und später in der Philosophie, der Physik und dem Geld, das ich verdiente. Jedoch fand ich weder einen Menschen, der in der Lage war sie zu verstehen, noch bekam ich jemals eine Antwort darauf. Ich blieb immer ein Fremder in meinem eigenen Leben, ein Beobachter meines eigenen Daseins.

Später überkam mich oft das Bedürfnis, meine Existenz abzustreifen wie die alte Haut einer Schlange und alles was ich getan hatte ungeschehen zu machen und mich aufzulösen ohne eine Spur zurück zu lassen. Aber heute weiß ich, dass auch meine Abwesendheit eine Spur ist, die ich im Leben der Menschen hinterlasse, die mich lieben. Ich bin das, was die Anderen vermissen, wenn ich nicht da bin.
-----
Matthias Gerhards 19. Apr, 07:57 | 0 Kommentare - Kommentar verfassen

John Coltrane (19.04.06)

Es ist, als würden seine Töne erst dann ihre Wirkung entfalten, wenn sie verklungen sind, wenn sie längst diesen Planeten verlassen haben und ein Teil jener drei Grad Kelvin geworden sind, die uns als kosmischen Hintergrundstrahlung vom Anbeginn des Universums erzählen.
Matthias Gerhards 19. Apr, 07:50 | 4 Kommentare - Kommentar verfassen

Das unbekannte Tier (13.04.06)

Ich bin ein unbekannter Mensch, eine Spezies, die noch niemals beschrieben wurde, weil ihre Art verborgen lebt im unwegsamen Gelände meiner Selbst.
Matthias Gerhards 13. Apr, 10:42 | 3 Kommentare - Kommentar verfassen

Durchs wilde Ungarn (04.03.2006)

fenster_budapestAls ich den Weg zwischen dem Flughafen und dem Stadtzentrum von Budapest zum ersten Mal zurücklegte, erschreckten mich der Schmutz und die Armseligkeit der Häuser, die sich in den Vororten zusammendrängten wie hungrige Vögel. Wie konnten die Menschen diese nackte Existenz ertragen ohne zu verzweifeln?
Aber schon nach wenigen Wochen, schienen mir die Gebäude links und rechts der Ausfallstrasse, höchstens noch ein bisschen renovierungsbedürftig. Vielleicht hatten manche einen Anstrich nötig, aber hinter vielen Fenstern hingen gehäkelte Gardinen, die Hausfrauen putzen mit der gleichen Inbrunst wie in allen Teile der Welt und am Küchentisch saß die zwölfjährige Tochter und fluchte über die vertrackte Orthographie der Sprache. In diesem Augenblick hörte ich auf ein Besucher zu sein.
-----
Matthias Gerhards 10. Apr, 20:40 | 0 Kommentare - Kommentar verfassen

Feuilleton für Rotweinetiketten (09.04.06)

Als ich an diesem trägen, sonnendurchfluteten Nachmittag mit leichtem Fieber zu Bett ging, träumte ich von einem Feuilleton für Rotweinetiketten, spannend und witzig geschrieben, mit blutigen Verrissen und Lobeshymnen an die große Kunst. Während ich dies schreibe fällt mir auf, dass ich schon seit Monaten kein Zeile eines Literaturkritikers mehr gelesen habe und Nicht einen einzigen Buchstaben vermisse. Aber plötzlich scheint mir die Welt ohne ein Feuilleton für Rotweinetiketten auf eine geheimnisvolle Weise unvollständig.
-----
Matthias Gerhards 10. Apr, 11:18 | 0 Kommentare - Kommentar verfassen

Abschied vom Tode (06.04.06)

Als ich ein Kind war, sperrte ich mich selbst in einen Keller und verbot mir die Sprache, ich wusch meinen Mund mit Seife aus und entzog mir die Nahrung, damit ich stürbe. Aber statt des Todes kam meine Jugend und mit ihr das Unglück einer unerfüllten Liebe und schließlich das Unglück unserer erfüllten Liebe und eine Reihe von unbeschreiblichen Dingen: Cherry Coke, Yogi Tee, Fanta Mango und deutschsprachige Popmusik; der erste Zusammenstoß mit einer Zahnspange, das erste Scheidenpessar, das ich selbst einsetzen durfte und dein erster Orgasmus, an einem verregneten Sonntag. Am Ende hatte ich meine Sehnsucht vergessen und begann den Tod zu fürchten, aber mit ihm verschwand auch der unwiederbringliche Zauber meiner Selbst und ich wurde ein normaler Mensch.
Matthias Gerhards 6. Apr, 22:51 | 3 Kommentare - Kommentar verfassen

Boxen (05.04.06)

Boxen ist kein Sport, es ist eine Metapher für das Leben. Auf den ersten Blick gewinnt der Stärkere, derjenige dessen Gangart skrupelloser und dessen Schlag härter ist. Aber auf den zweiten Blick zählt ein scharfes Auge, Geschicklichkeit, Ausdauer, Mut, der Glaube an sich selbst und die Fähigkeit zurück zu schlagen auch wenn man getroffen wurde. Wer nicht bereit ist zu verlieren, wird nicht gewinnen.
Matthias Gerhards 5. Apr, 06:24 | 9 Kommentare - Kommentar verfassen

Literarischer Alkoholismus II (04.04.06)

Ich trinke nur noch selten. Aber immer, wenn ich es tue, denke ich an Brendan Behan oder Dylan Thomas und entscheide mich gegen die niederen Alkoholika und wähle den Schnaps. Ich mag die Hitze, die er entfacht und auch den Schmerz, der sich in seinem scharfen Aroma verbirgt. Er schafft eine seltsame Klarheit, die daraus besteht, dass sich der eigene Geist vereinfacht. Er betäubt nicht, wenigstens nicht vor dem fünften Glas, sondern verlangsamt die Gedanken, so dass ich mir selbst beim Denken zuschauen kann und endlich glaube mich zu verstehen.
-----
Matthias Gerhards 4. Apr, 01:24 | 0 Kommentare - Kommentar verfassen

Literarischer Alkoholismus I (01.04.06)

Viele Autoren, die ich bewundere, waren Alkoholiker. Die meisten sind bereits tot. Es gibt ein unfreiwillig schönes Buch von Upton Sinclaire darüber, welche zerstörerische Kraft das Trinken besondern bei Schriftstellern entfalten kann (Der Becher des Zorns). Es ist das einzige lesenswerte Werk von Sinclaire und das leidenschaftlichste Plädoyer für den Alkoholismus, das ich jemals gelesen habe, insbesondere weil es von einem erklären Prohibitionisten stammt. Nach der Lektüre habe ich mir sofort einen Roman von Brendan Behan gekauft und Canada Dry zu trinken begonnen. Sinclaire versucht seine Leser mit dem Elend der zwar reichen und berühmten, aber unglücklichen Säufer abzuschrecken. Doch seine wirkliche Botschaft lautet: Es ist lohnenswert sich zu Tode zu saufen, um einmal so schreiben zu können wie Ernest Hemingway, Jack London, Dylan Thomas und F. Scott Fitzgerald. Drogenaufklärung ist immer zum Scheitern verurteilt, weil sie den Süchtigen in seiner tragischen Verstrickung zeigt und ihm damit eine Größe verleiht, die uns immer anzieht.
-----
Matthias Gerhards 2. Apr, 00:23 | 0 Kommentare - Kommentar verfassen

Fragment aus: Der fünfte Meridian (26.03.06)

Als sie gegangen waren, fühlte ich mich, als sei ich allein inmitten eines fremden Ozeans, als würde mein Gedächtnis vom Brüllen des Windes ausgelöscht, als hätte ich mein eigenes Selbst verloren und lebte nun im Vergessen, wie ein Ding, das keine Eigenschaften besaß. Es schien, als sei ich nicht mehr lebendig, als habe sich meine Seele aufgelöst und hätte meinen Körper leer zurück gelassen.
-----
Matthias Gerhards 31. Mär, 19:58 | 0 Kommentare - Kommentar verfassen

Der erste Tag (27.03.06)

Aus einem winzigen Loch im Himmel bläst mit einem Mal ein milder Wind auf die Erde hinab als hätten die letzten vier Monate niemals existiert. Der März faltet die letzten Reste des Winters ein, den fleckigen Schnee im Rinnstein, den aufgetauten Müll, die Konservendosen, die Zweige, das angenagte Bein einer Puppe und die Kadaver der Amseln, an denen sich die Katzen nicht mehr vergreifen werden. Es ist vorbei. Sogar die aufgeweichten Zeitungen am Container scheinen ihre Seiten im Wind trocken zu wollen und hoffen auf Sonne. Dies ist jener allererste Tag im Jahr, an dem der Winter seine Kraft endgültig verloren hat. Es scheint als stünde der Kosmos für einen Augenblick lang still und erlaubte diesen Stunden wie ewige Kinder zwischen den Jahreszeiten zu verharren.
Matthias Gerhards 29. Mär, 21:48 | 1 Kommentar - Kommentar verfassen

Schlaflosigkeit (29.03.06)

Die Schlaflosigkeit ist wie ein Freund, den man nicht nach Hause schicken kann, weil er zu viele schmutzige Geheimnisse kennt. Ich versuche ihn mit langweiliger Literatur, schlechter Musik und schwerem Essen zu vertreiben. Aber er lacht, lobt meine Gastfreundschaft und sagt, ich könne ruhig schlafen gehen, denn er fände auch allein den Weg zum Weinregal.
Matthias Gerhards 29. Mär, 05:07 | 4 Kommentare - Kommentar verfassen

Die Kündigung (27.03.06)

Nichts was mir jemals widerfahren ist, werde ich zurück nehmen können, weil die Spuren des eigenen Lebens unauslöschlich sind. Alles war ich tue, brennt sich ein in das Bildnis meiner Selbst, dass ich in einer Kammer vor mir selbst verberge, um nicht verunstaltet zu werden durch Habgier, Eintönigkeit und Angst. Aus diesem Grund habe ich heute mitten in einem Gespräch mit dem Vorstand meines Unternehmens meine Kündigung ausgesprochen und damit mein Leben als Manager beendet ohne zu wissen womit ich nun meinen Lebensunterhalt verdienen soll.
Matthias Gerhards 27. Mär, 22:18 | 6 Kommentare - Kommentar verfassen

Die Wissenschaft der Liebe (26.03.06)

Wer enträtselt die Kosmologie deiner Sinne,
erforscht die Krümmung deiner Haut
und liest die Antworten von deinen Lippen,
wenn die Lust dich erreicht?

Und wer wacht über deinen Schlaf?
Trägt dich hinaus in den Garten,
um den Mohn zu pflücken,
der das rote Licht der Sterne bündelt,
während zu träumst?
-----
Matthias Gerhards 26. Mär, 22:54 | 0 Kommentare - Kommentar verfassen

Reise und Leben (25.03.06)

Vielleicht liegt es in den Genen. Mein Onkel ist viele Jahrzehnte lang durch die Welt gefahren ohne einen festen Bezugspunkt in seinem Leben zu haben. Meine Mutter hat mit dem Fahrrad ganz Europa und einige andere Kontinente durchquert. Ich selbst bin mit zwölf das erste Mal von zu Hause weg gelaufen und mit vierzehn allein auf Reisen gegangen. Immerhin bin ich damals bis nach Irland gekommen. Und immer wenn ich einen Bericht aus einem fernen Land höre, überfällt mich der Wunsch dort zu leben. Nicht zu verreisen. Auf einer Reise fliegen die Dinge vorbei ohne, dass man sie begreifen kann. Ein Land kann man erst verstehen, wenn man dort lebt.
Matthias Gerhards 26. Mär, 17:04 | 2 Kommentare - Kommentar verfassen

Verteidigung der Unruhe (25.03.06)

Ich bin ein rastloser Bewohner dieses Planeten, denn ich sehe jeden Tag die Fülle der Dinge, die ich nicht getan habe und weiß, dass meine Zeit begrenzt ist.
-----
Matthias Gerhards 25. Mär, 08:47 | 0 Kommentare - Kommentar verfassen
ältere Beiträge

famose letzte worte

Frau mit gans
also kleine kaff ist etwas hart mülheim an der ruhr...
Sascha (Gast) - 16. Apr, 13:59
Auf jeden Fall ist es...
Auf jeden Fall ist es eine Leistung sich da hinzustellen...
Matthias Gerhards - 31. Jan, 14:26
Dass die junge Dame nicht...
Dass die junge Dame nicht das perfekte Lösungsangebot...
iGing - 25. Jan, 18:59

meine gadgets


aBook S.240 (500 KB)


aPod 2 (100% analog)


aWriter 1 (100 cpm)

archiv

Juni 2017
März 2014
Januar 2014
Dezember 2013
Juni 2013
Mai 2013
Oktober 2010
Juli 2009
Dezember 2008
November 2008
Juli 2008
Juni 2008
Mai 2008
April 2008
Januar 2008
Dezember 2007
November 2007
Oktober 2007
September 2007
August 2007
Juli 2007
Juni 2007
Mai 2007
April 2007
März 2007
Februar 2007
Januar 2007
Dezember 2006
November 2006
Oktober 2006
September 2006
August 2006
Juli 2006
Juni 2006
Mai 2006
April 2006
März 2006

finde deinen weg

 

people


  • mindelan
  • rundumschlag24

so bist du...

Du bist nicht angemeldet.
  • login

meine sorte

 ...Bibi a Mi(nga)...
 ABRAUM
 Barbara A. Lehner - Einblicke
 Blogofficer Anobella
 Melancholie Modeste
 notizbuch eines journalisten
 nömix
 opablog

development