Der Weg nach Monreale (14.05.06)

Aus diesem Grund sind wir in Palermo konsequent an der richtigen Ausfahrt vorbei gefahren, haben die gesamte Stadt durchquert und uns schließlich verzweifelt an der westlichen Peripherie in die Berge geschlagen, um auf einer schmalen Passstrasse die gesamten 503 Höhenmeter abzuspulen, die unser Unglück ausgelöst hatten. Bevor wir die Spitze erreichen, führte unser Weg durch Torretta, das an den Hängen unseres Schicksalsberges lag. Auf der einzigen Strasse saßen die Alten auf ihren Stühlen und betrachteten uns mitleidig, während wir versuchten die Spiegel einzuklappen ohne den Motor abzuwürgen, da die Häuserwände immer näher rückten und die Dorfstrasse, um mehr als zwanzig Prozent anstieg. Niemand lachte. Als wir mit unserem unbeschädigten Mietwagen endlich jenseits des Ortes die Anhöhe erreichten, ging unser Blick über die Berge, die von Ginster, Pinien und Olivenhainen überwuchert wurden bis hinab zum Meer, das allen Kläranlagen zum Trotz smaragdgrün in der Sonne schimmerte. Dann fiel die Strasse wieder ab und suchte sich ihren Weg zurück bis an die Küste.
Als wir schließlich wieder in Palermo landeten, weil auf Sizilien scheinbar alle Strassen zurück in die Hauptstadt führen, hatten wir unseren Irrtum endlich begriffen und versuchten zu wenden. Aber auf der dreispurigen Stadtautobahn, auf der sechs Autos nebeneinander Platz finden, kam die Änderung der Fahrrichtung einer Weltumsegelung gleich und so hatten wir uns nach kaum fünf Minuten wieder verfahren und landeten in einer düsteren Vorortsiedlung am Rande eines Industriegebietes, das in den fünfziger Jahren erbaut worden war und seitdem brach lag. Schließlich schlugen wir alle Befürchtungen in den Wind, stiegen aus und fragten zwei Straßenköche nach dem Weg. Sie spießten gerade Ziegendärme und das Bauchfleisch von Schafen auf hölzerne Stäbchen und brieten das Ergebnis über einem Holzkohlefeuer. Erst einige Tage später klärte uns der Reiseführer darüber auf, dass die Beiden keineswegs ihre Nachbarn zu Geld machten, sondern eine sizilianische Spezialität zubereiteten, die an jeder Ecke Palermos zu haben ist. Die Freiluftköche jedenfalls erteilten ihre Auskunft ohne ihre Tätigkeit zu unterbrechen und führten uns mit der in Sizilien üblichen schnörkellosen Freundlichkeit auf den richtigen Weg. Nachdem wir mehr den Handzeichen als dem rauen Dialekt folgend die richtige Aus-fahrt gefunden hatten, erreichten wir kaum zehn Minuten später Monreale, ein kleines Städtchen ohne Steilhänge und Grillfeuer, welches uns lehrte, dass man sich auf Sizilien noch immer links in die Büsche schlagen kann, wenn man vom rechten Pfad abgekommen ist.
Manche Dinge fallen mir (leider) gar nicht mehr auf! Beim nächsten Palermobesuch mußt Du jedoch auch unbedingt die Stigghiole (= Därme) versuchen - sie schmecken genial!
Claudia
Palermo hat auf mich wirklich diesen Eindruck gemacht, als sei die letzte Bastion einer außermitteleuropäischen Kultur, die wenige Jahre vor der Invasion steht. Aber ich komme wieder. Vielleicht auch für länger. Möglicherweise findet sich ein Projekt auf Sizilien, das noch einen 1a Leiter braucht.
Aber wie ich sehe gehört Frau Claudia auch zu den Bloggern. Einige schöne Bilder gibt's in deinem Blog. Wie hat es dich eigentlich auf die Insel verschlagen?