Palermo oder die Stiftung für bedrohte Kulturen (18.05.06)

Jene Stadt, bei deren Anblick Douglas Adams die unendliche Unwahrscheinlichkeits-Mathematik ersonnen hätte, wenn ihm die Idee nicht schon in einer Badewanne gekommen wäre. Sie ist ein Frontalangriff auf alle Sinne. Es riecht nach Tunfisch, Koriander und noch mehr Fisch, Gewürzen, Müll, Hundekot und dem Schweiß eines dunkelhäutigen, freundlichen Menschenschlages. Die Innenstadt ist mit Geschäften gepflastert, in denen man von der unvermeidlichen Caffettiera, über den Stützstrumpf, bis zum Kronleuchter alles bekommt, was für das Leben im südlichsten Zipfel Europas notwendig ist. Selbst die Altstadt wurde noch nicht in eine Flaniermeile umgewandelt, in der Gucci und Armani das Bild prägen und die Wohlhabenden pittoresk ihr Geld lassen können, sonst aber gepflegte Langeweile herrscht. In dem historischen Zentrum der Stadt gibt es eine Form von Leben, das man anderswo sucht wie die Mikroben auf dem Mars.


Deshalb sollte man jetzt, in diesem Jahr seine Zelte in Palermo aufschlagen, um die kurze Zeitspanne zu genießen, die dem südlichsten Zipfel Europas noch bleiben, um sein eigenes Wesen auszuleben und die übrigen Völker der Erde mit seiner Andersartigkeit zu bereichern. Man sollte eine Stiftung einrichten, wenn schon nicht zum Schutz, dann doch wenigstens zur Dokumentation der zum Untergang verurteilten Kulturen dieser Welt, denn sie zu retten mag bei der einen oder anderen Tierart gelingen, die parmelitanische Zivilisation wird unrettbar verschwinden. Eine solche Einrichtung wäre ein Art WWF für Traditionen, Bräuche und vor allem für die kulinarische Eigenarten, die der menschliche Geist hervorgebracht hat und die diesen Planten für immer verlassen werden.